WYDAWCA: STOWARZYSZENIE WILLA DECJUSZA & INSTYTUT KULTURY WILLA DECJUSZA
AAA
PL DE UA
die Gedichte

Plötzliches Fell

Wir werden noch zu den Tieren kriechen
um näher am Boden zu sein
so will es die Haltung auf allen Vieren.
Wer hebt mich dann auf mein Bett.

So ein Grab
für die Kriege
die an der Zeit sind.
Vielleicht kommen sie dann nicht.

 

++

Als die Zugvögel sich aufmachten
empfahl sich das Jahr.
So empfand ich das.
Wie es sich empfahl
und ich auf seinem Dasein
und auf seinem Sinn bestand.

Inmitten des gefärbten Laubs
klettert das Licht um ein paar Lux hinauf
wächst die Delle im Nagelbett
Baumring für Baumring.

Für den Winter form ich Meisenknödel
kau an den Vorstellungen
häng daran.
Ich kann das nicht
schmecken was die Meise pickt.

 

++

Ich hab noch Leben da.
Es fährt mir durch den Mund in den Leib
holt aus und bietet sich
auf den Straßen feil.

Als es mir kam
ging das vollkommen
gegen meinen Lähmungswahn.
Kommt es wie der Wind
wütet im Glas steh ich
im Fingerspitzenhemd
ohne Maulkorb
kein Faultraum
nur Körbe.

Ich habe Bettage
ich sage Betteltage
an denen ich alles zu Markte trage.

 

++

Wie zählt ihr die Toten?
Nach oder vor?
Vor oder zurück?
Zurück oder hoch?
Hoch oder runter?
Und still oder laut?
Und mit Fingern mit Fäusten oder mit der ganzen Hand?

„Nimm die eine Hand und zähl die Finger ab bis zur Sechs. Nimm
die andere Hand dazu, verdopple, dann hast du schon zwölf.“

 

++

Alle Klagen sperren ihre Münder auf und
jagen durch ihre Schlünde immer die schönsten Bilder
all die Vögel müssen raus
alle Vögel müssen auch mal fallen

 

++

Die Straße ist wieder zugenäht der Asphalt geklebt wie nach dem Bilderbuch
ganz stark wie das Gerippe sich dem hingegeben hat
Vivian daran erinnert es dich du dich nicht denn das kannst du nicht
wie der das hier ist kein Zugvogel eher ein Witwer
und der zog auch nicht in den Krieg
sondern wurde bei offenem Fenster eingezogen
und der hat auch nicht aufgegeben nur verloren
und Witwer war er auch noch nicht
als es für ihn über die Straße ging
lagen dort schon seine Töchter.

 

++

Niemand füttert die Tiere.
oder melkt die Kühe
öffnet den Stall zu ihnen
wie sie im Dunklen stehen
oder aus ihren Gehegen fliehen.
Die Katzen werden zu Gerippen
Ich habe den Krieg nicht gesehen
ich habe ihn nicht bestritten
ich habe genug davon.
Das Bild ist echt gut.
Lass uns Bilder tauschen.
Die Tiere machen das mit.
Nur die Meldungen im Spam verändern sich.
Irgendwann ist es nicht mehr der Riesenpenis
sondern wird Putin für tot erklärt.
Davor wurde noch die Queen beerdigt.
Und davor gab es einen Trauerfall bei Udo Lindenberg.

 

++

Meinen Wunsch Putin so zu sehen
spülte mir die Gerüchteküche ins House of Twitter.
Dagegen hilft nur Prebunking.
Man muss das sehr schnell tun gehen
sonst wird es gefährlich
die Welt zerfällt ja tatsächlich.
Schon zeigen sich überall
instead of a thousand words
War cows von Ilay Tyler.

 

++

Manchmal wird der Geist schon vor dem Aufstehen wach 
Vielleicht zählt er den Bombenalarm.
Hört jene Kraniche in hohem Bogen
und aus den Kranichen den Pfeifton der Drohnen

Hört ihr wie es einhackt
Hört ihr wie es harft?
Sicher wäre es ruhiger unter der Erde.

In Bezug auf das
wäre mein Gedicht an die Straßenbahn
ihr langer Hintern wie er sich in die Kurve legt
überhaupt nicht banal.
Im zweiten Jahr des Krieges
Straßenbahn zu fahren ist wie
mit der Kunst zu gehen.
Sie soll Seiten überfliegen
soll sagen möchtest du schlafen gehen
ich kann dich schlafen legen
während man sich einen Pullover anzieht
isst, liest oder scrollt
stehen die Mauern sprachlos und kalt
entlang ihrer Linien.

 

++

Im Gradierwerk sitzen sie auf der Stange
manchmal nebeneinander manchmal ist da nur eine
Verhütung gegen die Seuchenbekanntschaft
sagt die Frau mit halber Größe aber doppeltem Gesicht
schau wie achtsam sich die Kruste bewegt 
und was nicht alles in der Luft hängt
eine furchtbare Verarsche hängt uns an.
Dieser ganz blasse Schimmer.
Dieses Reservoir wovon? Ahnung haben? Nachgeburt?
Diese Luftblase an Kröten.
Oder ihr Rogen.
Unsere stumpfen Fingerkuppen dagegen.
Unsere Ohren eng an Mahlers Sinfonien.
Und dann Schlager.
Ja schlimm. Hab hier auch schon vertrocknete Grünflächen gesehen.
Ich bin so tipplos.
Ich kann das alles nicht mehr.
Wenn’s vom Himmel kommt ist’s Luftalarm.
Regen die andere Seite der Brände.
Ich hab kein Feld bestellt sondern mir was eingefangen.
Was mal Schatten geworfen hat ist weg.
Dafür viel mehr Dreck.
So viel mehr Dreck.

 

 

Do góry
Drukuj
Mail

Preiwuss Kerstin [autor]

KERSTIN PREIWUSS (1980, Niemcy) – studiowała germanistykę, filozofię i psychologię w Lipsku oraz Aix-en-Provence, jak i w Niemieckim Instytucie Literatury w Lipsku. Działała przy projekcie Augenpost – Gedichte auf Postkarten, a od jesieni 2007 roku pracuje jako recenzentka magazynu literackiego "EDIT". Stypendystka Hermann-Lenz-Stipendium w 2008 roku. Publikowała w gazetach, czasopismach i antologiach, m.in. w "DIE ZEIT", "F.A.Z.", "Neue Rundschau", "plumbum", Tippgemeinschaft oraz w portalu internatowym www.der-goldene-fisch.de.