Jan Wagner hat die Welt bereist und hat darüber formvollendete Gedichte geschrieben, die überzeugen, auch wenn sie sich in Details verheddern.
Der 1971 in Hamburg geborene Dichter und Herausgeber Jan Wagner ist für seinen neuen Gedichtband offenbar weit gereist: die seinem neues Buch versammelten 58 Gedichte sind nach den Himmelsrichtungen Süden, Westen, Osten, Norden – und Australien unterteilt. Kunstfertig erprobt der Reisende hier sein Dichterhandwerk über Landesgrenzen hinaus.
Da ist die Rede etwa von Evil Knievel, dem todesmutigen Motorradhelden, es geht um brennende Haine, Rübezahl und Kopenhagen. Beachtenswert ist die thematische Stringenz, mit der Wagner seinen Blick fokussiert, ohne von der geographischen Ausschweifung abgelenkt zu werden.
In erster Linie bleibt Wagner Sprachjongleur: sei es, wenn er Junikäfer – Käffer – Gaffer und Coiffeur (im Gedicht „folklore“) reimt oder klassische Motive wie das des Laokoon ins Komische verzerrt: Statt mit Schlangen kämpft hier jemand mit einem Gartenschlauch („der brennende hain“).
Detailbeobachtungen fügen sich mühelos aneinander, und so entsteht in diesem schmalen Band eine facettenreiche Weltreise, in der man viele Entdeckungen machen kann und Alltagesbeobachtungen, Anekdoten und Legenden abwechseln. Diese Stärke Jan Wagners verkehrt sich aber zugleich in eine Schwäche, wenn man, etwa ab der Hälfte des Lesens, auf eine größere Perspektive wartet. Gewiss ist Wagner kein politischer Dichter, aber gerade der internationale Blick hätte die Möglichkeit eröffnet, vom Kleinen, Anekdotenhaften auf eine größere Ebene zu wechseln. Das leistet „Australien“ leider nicht. Trotzdem ist es ein Reisealbum geworden, das mit großer poetischer Ausdruckskraft Beobachtungen formuliert, die in ihrer poetischen Kunstfertigkeit überzeugen.